Warum ich meine Zeit nicht mehr verschwenden will…

Vor zwei Tag war mein 39. Geburtstag. Diese Zahlen fühlen sich von Jahr zu Jahr irgendwie schwerer an. Als ob jeden Jahr jemand noch ein weiteres Kilo Blei um meine Füße legt. Aber warum eigentlich? Warum ist das Älterwerden für mich zum Problem geworden? Ich habe mich doch früher immer auf meine Geburtstage gefreut und wollte diese unbedingt feiern. Dieses mal war es anders. Ich bin sogar aus der Stadt geflohen, um ja nicht zum Feiern gezwungen zu werden, um nichts Feierliches unternehmen zu müssen… Keine Sekt, keine Geschenke, kein Stevie Wonder-Gebrülle…

Und wann hat dieses Älterwerden überhaupt angefangen? Wenn ich mich richtig erinnere, war ich vor Kurzem noch Mitte/Ende Zwanzig. Oder so. Zumindest sprach mich noch niemand mit „Sie“ an. Jetzt merke ich immer öfter, dass mit „Jugend“ ich nicht mehr gemeint bin. Meine jüngeren Kollegen könnten theoretisch meine Kinder sein – zumindest, wenn ich zeitiger mit der Familienplanung angefangen hätte. Und, dass Klamotten wieder modern sind, die ich noch getragen habe, als sie das erste Mal modern waren, ist in diesem Zusammenhang auch nicht gerade hilfreich.

Hat das mal angefangen, hört es irgendwie gar nicht mehr auf: Man scrollt auf Webseiten eine halbe Ewigkeit, bis man beim eigenen Geburtsjahr angekommen ist – und wundert sich, dass die 1989 Geborenen auch schon 30 sind! Die erste teure Faltencreme zieht in den Badezimmerschrank ein. Man ertappt sich dabei, dass man den Artikel über die Harninkontinenz spannend gefunden und sogar bis zum Ende gelesen hat. WTF? Und wieso verwenden sie für die Speisekarten in den Restaurants immer so kleine Schriftgrößen? Es ist eine Frechheit! Und wenn man dann auch noch das Lied „Ich war noch niemals in New York…“ hört und man tatsächlich noch nie in New York war, tja dann ist es wirklich vorbei.

Irgendwann muss man sich aber diesen Tatsachen stellen – man bleibt wirklich nicht ewig jung.  Tatsächlich auch ich nicht. Dass ich das schon vorher wusste, kann ich an dieser Stelle nicht leugnen, aber ich habe dieses Wissen aber nie so wirklich auf mich bezogen. Ich fühle mich auch tatsächlich nicht alt oder älter. Ich werde aber immer öfter mit meinem tatsächlichem Alter konfrontiert – bzw. reiben einem die Anderen ihr jüngeres Alter immer so protzend unter die Nase.

Auf jeden Fall, habe auch ich – spät der doch – mittlerweile erkannt, dass auch ich auf dieser Welt nicht ewig verweilen werden. Daher habe ich beschlossen, meine restliche Zeit nicht mehr zu vergeuden! Nicht in dem Sinne, wenn man den ganzen Samstag auf dem Sofa lag und im TV Beverly Hills schaute. Nein! Es ist eher, dass ich keine Zeit mit Leuten oder Dingen verbringen möchte, die ich blöd finde. Ich will meine Zeit nicht mehr verschwenden, aber vor allem: Ich will alleine entscheiden, was verschwendete Zeit ist. Das ist für mich die größte Erleuchtung des Älterwerden. Das, und dass man nicht mehr so saufen kann wie früher ohne sich danach 5 Tage Urlaub nehmen zu müssen, um sich auszukurieren.

(Wenn es dir ähnlich geht und du wegen ein paar grauer Haare oder Falten nicht verzweifeln willst – und ihr euch mit mir anseht wollt, was das Älterwerden mit sich bringt und dass es auch toll sein kann, dann gehen wir es an. Wir haben ja keine Zeit zu verlieren!)