Es ist eigentlich ganz einfach. Ich weiß nicht, wieso ich nicht schon früher daran gedacht habe. Wahrscheinlich, weil es mir früher leichter gefallen ist. Ich habe mich hingesetzt, zu einem Thema recherchiert, dann daraus einen Artikel gebastelt. Fertig. Ganz intuitiv. Ohne viel Trara. Ohne viel Quälerei. Ohne Grübelei. Und ohne Prokrastination. Letzteres war mir damals noch nicht mal ein Begriff.
Seit über 5 Jahren quäle ich mich jetzt schon. Ich habe auch das Gefühl, dass ich es nicht mehr drauf habe. Ich habe es verlernt. Oder es verloren. Meine Gabe. Mein Talent. Meine Leidenschaft. Kann man so etwas überhaupt verlieren? Kann es verschwinden? Für immer? Einfach so? Oder ist es nur eine Phase? Und wenn ja, wieso dauert sie nur solange?
Natürlich habe ich versucht mich umzuorientieren. Versuche ich weiterhin, aber mit mäßigem Erfolg. Wobei an Erfolg würde es auch nicht mangeln, es ist eher die Leidenschaft, die mir fehlt oder nach kurzer Zeit einfach wieder verpufft. Bei keiner anderen Sache habe ich diese Leidenschaft verspürt, wie beim Schreiben. Es ist wie mit der ersten Liebe. Wenn sie mal weg ist, ist es schwer sie wieder zu finden.
Schwer, aber nicht unmöglich. Und etwas in mir will es ja auch unbedingt wieder finden. Und versucht mich auch immer wieder unauffällig in diese Richtung zu drängen. Dann setze ich mich endlich voller Tatendrang an meinen Schreibtisch und will loslegen und in die Tasten hauen. Stunden später sitze ich noch immer da und schaue mir YouTube-Videos über Motivation, Erfolg und Produktivität an. Das Word-Dokument ist nach wie vor leer.
„Just start! Start where you are! Do in anyway.“, schallt es aus den YouTube-Videos raus. Jetzt hätte ich auch schon irgendwie Lust anzufangen. Doch leider erinnert mich die Uhr daran, dass ich jetzt meine Kinder von der Schule abholen, einkaufen und Abendessen kochen muss. Versuchen wir es einfach morgen wieder, denke ich mir, ganz nach dem Motto „Same shit, different day!“
Warum habe ich nur so viel Angst davor? Oder ist es doch was anderes? Was auch immer es ist, Fakt ist, heute fällt mir das Schrieben schwerer als jemals zuvor und ich weiß nicht warum. Vielleicht zerdenke ich alles zu Tode, noch bevor ich der Idee oder dem Thema eine Chance gebe sich überhaupt mal zu entwickeln und aufzublühen. Und worüber soll ich überhaupt schreiben?
Dazu fällt mir auch gleich ein Zitat von Austin Kleon, Autors des Buches „Show Your Work“, das er in dem YouTube-Video gesagt hat: „Ich schreibe nicht, weil ich was zu sagen habe. Ich schreibe um herauszufinden, was ich zu sagen habe.“ Interessantes Argument. Vielleicht ist das auch ein Ansatz, den ich verfolgen sollte. Auf jeden Fall gefällt mir der Gedanke, das Schreiben als einen Weg der Selbstfindung zu sehen – und nicht zu erwarten gleich einen Bestseller liefern zu müssen. Das nimmt doch etwas Druck raus.
Einfach mal darauf losschreiben. Alle Gedanken zum Papier – oder Bildschirm – bringen, ohne Rücksicht auf Befindlichkeiten, Grammatik, Rechtschreibung, Ausdruck & Co. Ganz nach der Devise: Alles muss raus. Wie bei einem Lagerabverkauf.
Das ist auch ein Tipp von der Kolumnistin Susanne Kaloff, den sie mit uns in ihrem Carrie Bradshow Workshop geteilt hat: einfach mal den Gedanken freien Lauf lassen und alles aufzuschreiben, was einem zu einem bestimmten Thema durch den Kopf geht – und vor allem die Gefühle, weil sie sind immer zuerst da, erst danach kommen die Wörter. Und viel später kommt das Redigieren. So geht kein wertvoller Gedanke verloren.
Meine wertvollsten Gedanken kommen mir oft gleich nach dem Aufwachen. Tolle Ideen, lustige Sätze, witzige Themen fallen mir dann einfach so zu. Ohne jegliche Anstrengung. Ich nehme es mir dann fest vor, sie später unbedingt aufzugreifen und daraus etwas zu fabrizieren. Aber der Weg vom Bett bis zur Tastatur ist ein langer und auf diesem sind schon so einige Schätze verlorengegangen. Leider.
In ihrem Workbook „Awakening the dormant writer in you“ schreibt Susanne Kaloff auch: „Der Moment bevor man aufwacht ist der interessanteste. Im Schwebezustand zwischen weit weg und voll da, findet man mit etwas Glück Dinge, von denen man keine Ahnung hatte. Der eine Einfall, der eine kluge Gedanke, der Anfang einer Geschichte, die Inspiration, etwas zu tun und es exakt jetzt und exakt so zu tun, plötzlich da und keiner weiß, Himmel, woher kam das jetzt? Das sind wertvolle Momente. Leider passiert dann oft das: Sie tauchen auf, man erschrickt, dreht sich weg, wendet sich panisch etwas zu, das weniger aufrüttelt. Es gilt also Traumstücke rüberzuretten, die das Unterbewusstsein im hellwachen Zustand nicht rausrücken will.“
Wie? Indem man gutgerüstet schon ins Bett geht: mit Stift und Papier. Sicher ist sicher!